Das Aushängeschild einer Korpsgesellschaft ist die Wache. Die närrischen Soldaten und Offiziere des Tanzkorps erfreuen sich bei ihren Auftritten großer Beliebtheit. Das Juwel ist die Tanzmarie, die mit dem Tanzoffizier und den tanzenden Wachesoldaten über die Bühnenbretter wirbelt.
Bei der Nippeser Bürgerwehr gab es mit Carolinchen Trimborn bereits im Jahre 1929 ein Mariechen. Allerdings war sie für die KG eher ein Maskottchen. Denn tanzende Soldaten gab es keine. Lediglich ein Soldat, Willi Brettschneider, kam 1931 dazu, Mitte der 30er Jahre standen dann vier Tanzsoldaten auf der Bühne, die allerdings ein männliches Mariechen begleiteten: Denn nach dem Rücktritt von Carolinchen Trimborn übernahmen Männer den Mariechen-Part. Kurt Senft war die letzte männliche Marie der Bürgerwehr.
Als Wachkommandanten fungierten Jean Schwan und ab 1936 Franz Möglich. Unter seiner Ägidie gab es den ersten „Soldatentanz” – diesmal wieder mit einer weiblichen Marie: Sybille Reinartz.
Bevor der Zweite Weltkrieg dem närrischen Bürgerwehrtreiben ein – vorübergehendes – Ende setzte, präsentierte die orange-weiße Truppe erstmalig einen „echten” Mariechentanz in der Session 1937. Das Wache-Tanzkorps zählte zu diesem Zeitpunkt übrigens gerade mal sechs Mitglieder. Nach dem Krieg brauchte auch der Tanzkorps der Bürgerwehr einige Zeit, um wieder auf die Füße zu kommen. Annelise Esch und Hans Deutsch, die später auch heirateten, waren das erste Nachkriegstanzpaar der Nippeser Jecken – und schon 1950 stand eine kleine Truppe auf der Bühne um den Namen der Appelsinefunke in die Fastelovendswelt zu tragen.
Laut eines Geschäftsberichtes trat das Tanzkorps im ersten Jahr seines Wiederauflebens bei 24 Gesellschaften und Vereinen auf – eine stolze Zahl. Trude Neppen und Heinz Buscheljot sowie Marga Rohrer, Peter Bollemans und Hans-Günter Sass tanzten danach bis 1960 in ornage-weißer Uniform auf dem karnevalistischen Bühnenbrettern. Damals bestand das Korps in der Regel aus acht Soldaten, dem Tanzpaar, dem Koch, dem Fahnenträger und natürlich dem Kommandanten – und es gab pro Session rund 30 Auftritte. Vorher und nachher traf man sich in einer der Nippeser Wirtschaften – meist in der Gaststätte Deutsch – zum „Sammeln”, aber auch zu gemütlichen Zusammensein. Zu den Veranstaltungen fuhr das Trüppchen meistens mit der Straßenbahn.
Erst mit der Verwandlung der Nippeser Bürgerwehr in eine „richtige Korpsgesellschaft” mit Rang- und Uniformvorschriften im September 1969 stellte sich auch bei den Tanzoffizieren eine Art Konstanz ein. Nach bis dahin beinahe jährlich wechselnden Tanzpaaren fungierten Karl-Heinz Kreuder für vier Jahre, Günter Schleimer für acht Jahre und Ralf Rolauf sogar für zwölf Jahre als Tanzoffizier der Nippeser Jecken.
Vor allem eine gute Kameradschaft zeichnete die Wachsoldaten untereinander aus. Und wenn Not am Mann (oder an der Frau) ist, sind auch „Ehemalige” gerne bereit einzuspringen. So beispielsweise in der Session 1988, als Tanzmariechen Gina Hilger wegen eines doppelten Bänderrisses mitten in der Session ausfiel. Die ehemalige Marie Marita Vent erklärte sich spontan bereit, für ihre verletzte Kollegin einzuspringen. Zwei Jahre zuvor hatte sie bereits für die Bürgerwehr getanzt, musste dann aber aufhören, weil sie ein Kind erwartete. Für sie gab es auch keine Probleme, sich wieder einzugewöhnen – immerhin hat sie mit dem gleichen Tanzoffizier getanzt: Ralf Rolauf. „Sogar die Uniform passte noch wie angegossen”, erinnerte sie sich später. Rolauf selbst schnallte sogar nach seinem offiziellen Abschied noch einmal die Tanzstiefel um: Als es nach dem Rücktritt 1993 mit dem neuen Tanzoffizier nicht so recht klappen wollte, stand er nochmals für zwei weitere Jahre zur Verfügung. Da war es schon ein (scherzhafter) Etikettenschwindel, mit dem Präsidenten Manfred Wolff 1994 den Korpsappell in der Flora einleitete. Denn Rolauf stellte er witzelnd als neuen Tanzoffizier vor, obwohl der „liebe Jung” schon seit zehn Jahren die Beinchen für die Appelsinefunke schwang.
Darüber hinaus geschah es in der Geschichte der Bürgerwehr nicht selten, dass ehemalige Tanzoffiziere später zu Wachkommandanten wurden. Peter Bollemans, Hans-Günter Sass, Karl-Heinz Kreuder und Günter Schleimer sind die besten Beispiele dafür.
Dass die gemeinsame Zeit als Tanzpaar übrigens auch richtungsweisend für das private Leben sein kann, beweist nicht nur die Heirat des ersten Nachkriegspaares Anneliese Esch und Hans Deutsch – auch Sabine Hasenbach und Bernd Kneib, zwischen 1996 und 1999 für die Bürgerwehr tanzten, wurden ein Paar. „Romeo und Julia von Nippes” hieß es über die beiden in den Zeitungsartikel. Immerhin hatten sich die beiden ja auch erst in den Sälen kennengelernt. Kneib musizierte in der Colonia Big Band und spielte dort mal Saxophon, mal Trompete, doch zumeist den Bass. Als Musiker eher in der eher hinteren Bühnenecke hat er in der Zeit so manches Mariechen die Beine schwingen sehen, aber verliebt hatte er sich nur in die eine: die Marie der Nippeser. „Die trug nie eine Perrücke, da hab ich gleich die Natürlichkeit des ihres Wesens gesehen” erinnert er sich. Die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme kam bei einer Damensitzung. Da Sabine Hasenbach an dem Tag Geburtstag hatte, gab Präsident Wolff deren Adresse bekannt – in der Hoffnung auf viele Glückwunschkarten. Die kamen dann auch prompt. Aber Kneib hatte sich die Adresse ebenfalls notiert – und so fand diese Nippeser „Romeo und Julia” – Version ihr schönes Happy End. Auch das ehemalige Tanzpaar Marion und Andreas Günnewig sind ein Ehepaar. „Da können wir bei den Korpsfahrten Hotelkosten sparen – denn für die beiden können wir Doppelzimmer statt Einzelzimmer buchen”, witzelte Präsident Manfred Wolff schon bei deren Einführung.